Montag, 31. Mai 2010

Kurztrip nach Roja

Am Dienstagnachmittag bin ich nach Roja gefahren. Roja liegt an der Küste der Rigaer Bucht und ist fast 200 km von Liepāja entfernt. Da ich am Vormittag noch unsere Gäste verabschiedet habe und noch in der Diakonie war, bin ich erst am Nachmittag losgefahren. Es war sehr schwer einen Bus zu finden, denn sobald man von den Hauptstrecken abkommt, kommen auch hier die öffentlichen Verkehrsmittel an ihre Grenzen. Den Zug kann man hier in Westlettland ja sowieso vergessen, denn der fährt nur einmal täglich von Riga nach Liepāja und von Riga nach Ventspils. Die einzige Busfahrt, die wirklich in Frage gekommen wäre, wäre über Riga und damit 7 Stunden lang gewesen. Glücklicher Weise bin ich aber die letzten 40 km von einem Auto abgeholt worden. So war ich nun "nur" 5 Stunden unterwegs gewesen. Wie gesagt für sage und schreibe 200 km. Das liegt daran, dass ich mit einem Bus gefahren bin, der jedes Dorf mitgenommen hat. Aber man kann ja an allem etwas Gutes abgewinnen. So habe ich noch einige kleine durchaus schicke Dörfer gesehen, die auf diesen Bus über den ich mich anfangs eher gewundert hatte noch richtig angewiesen sind. Außerdem war noch auf richtigen Sandwegen unterwegs, die mitten durch den Wald geführt haben. Das fand ich irgendwie aufregend. Soweit zur Hinfahrt. Wieso ging es überhaupt nach Roja?

Nach Roja wurde ich von einer jungen Frau aus der Kuldigafreizeitgruppe eingeladen. Sie arbeitet dort als Lehrerin und so bekam ich einen exklusiven Blick in die Schule. Hier in Liepāja wurden wir nämlich immer wieder Steine in den Weg gelegt, in den Deutschunterricht mitzukommen, wir vermuten, weil die Deutschlehrer Angst davor hatten, ihre Sprache zu zeigen. Aber das ist wie gesagt nur eine Vermutung. In Roja wohnt sie während der Schulzeit in der Schule. Im obersten Stockwerk hat sie eine kleine Wohnung. Nachdem wir am Abend noch das erste Halbfinale des Eurovision songcontest geschaut, wo es für den lettischen Beitrag leider nicht gereicht hat, sind wir am Morgen runter in die Schule gegangen. Zunächst sind wir in ihren Klassenraum gegangen, wo nur sie unterrichtet und die Schüler die Klassen jede Stunde wechseln. Jeder Klassenraum ist mit einem PC ausgestattet und das komplette Notensystem wird im Internet gespeichert. Jeder Lehrer hat sein Passwort und kann dann auf seine Klasse zu greifen. Das "Klassenbuch", was wir bei uns in der Schule hatten, wo eingetragen wurde, wer fehlt, wer stört und was gemacht wurde, wird alles im Internet eingetragen. Außerdem hat jeder Schüler sein eigenes Passwort, wo er, aber ich denke auch seine Eltern, sein aktuellen Leistungsstand im Internet anschauen kann.
Im Lehrerzimmer wurde ich dann vorgestellt und sehr freundlich begrüßt. Ob die Lehrer im Laufe des Tages dann auf Englisch, mit super langsamen Lettisch oder völlig normal mich begrüßten, merkten sie schnell, dass ich mittlerweile doch recht gut lettisch spreche und wenn sie so gequält langsam sprechen, versteh ich fast noch weniger. Aber neben dem Lob, den ich für die Sprache kriege, bricht das auch meist das Eis beim ersten Kontakt. Die Letten freut es sehr, dass ich ihre Sprache gelernt habe und das macht mich gleich sympathischer.
Erwähnenswert ist noch, dass es im Lehrersystem kaum Männer gibt. In Roja in dem 45 köpfigen Lehrerteam gibt es nur sage und schreibe 3 (drei) Männer. Der Job ist einfach so schlecht bezahlt (300Ls/450€), dass das sich ein Familienvater auch in Lettland nicht leisten kann. In der ersten Stunde hatte ich dann ein Gespräch mit der einzigen Deutschlehrerin der Schule gehabt. Leider gibt es nur noch einen Kurs in der 11 und einen in der 12. Klasse. Darüberhinaus macht sie eine AG. die Klassen darunter haben alle als 2. Fremdsprache Russisch gewählt, weil sich keine Klasse bilden konnte. Den Rest des Schultages bin ich dann mit in den Unterricht gegangen, aber seit heute sind in Lettland 3 Monate Ferien, deswegen war der Unterricht nicht mehr so wichtig und wir haben eine kleine Fragerunde gemacht oder einfach nur gespielt. Aber wenn man ehrlich ist, ist das in Deutschland in der letzten Woche nicht anders. Um die Mittagszeit gab es dann in der Kantine Essen. Dort isst jeder Schüler und für die, die sich das nicht leisten können, bezahlt der Staat bzw. die Stadt, das weiß ich nicht genau.
Am Nachmittag sind wir dann auch noch ein wenig herum gefahren. Unser Hauptziel war Kolku. Das ist die nördlichste Spitze von Westlettland. Dort trifft sich die Rigaer Bucht und die Ostsee. Natürlich ist das ein Gewässer, aber wie am Skagerrak in Dänemark treffen hier Wellen aus 2 Richtungen aufeinander. Besonders für diesen Nachmittag hatten wir auch super Wetter. Das war alles in allem ein total schöner Nachmittag. wir sind auch auf dem Weg dahin einige Mal angehalten, jedesmal an wunderschönen Orten und einmal sogar an der 15m hohen und damit höchsten Steilküste der Rigaer Bucht. Auch in Roja, was nur 2000 Einwohner hat, haben wir noch uns einiges angeschaut und sind abends völlig müde aber glücklich eingeschlafen.
Am Donnerstag bin ich bereits wieder nach Liepāja losgefahren. ich musste sehr früh los, hatte dafür dann aber einen "Expressbus". So habe ich nur einen Tag auf der Arbeit gefehlt und ich konnte nochmal die tolle Natur beobachten. Mittlerweile habe die Bäume alle wieder Blätter, was Anfang des Monats noch nicht der Fall war. Auf den Wiesen strahlen die Blumen und der Raps blüht zurzeit wie in meiner Heimat im schönen gelb. Was mich aber am meisten begeistert hat, ist, dass die Storchenbabys langsam zu sehen sind. Die sind zwar noch im Nest, probieren aber schon herauszugucken-süß!

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